VIDEO
JAZZKANTINE
Mit Pauken und Trompeten
Die Köche aus der Löwenstadt Braunschweig bitten auch 2022 zu ihrem exquisiten Jubiläumsmenü: 27. Bandjubiläum beim Festival im Park!
Jazz und HipHop können Freunde werden, davon weiß die Jazzkantine lange schon ein Lied zu singen. Oder notfalls auch zu rappen. »Und es ist, und es ist, und es ist, und es ist Jazz – Jazzmusik«, wird da vor Fender Rhodes-Sounds gerappt, zuerst auf Deutsch, dann auf Spanisch, Musik für offene Herzen. Was nicht funky ist, bleibt hier draußen vor der Tür, wer drinnen sein darf, hört Funky Tunes aus dem Big Easy und tanzt sich die Sohlen heiß. Die Jazzkantine hat mit Pee Wee Ellis, Smudo und Nils Landgren musiziert, vorn standen Tänzer aus der Generation 20 Plus, dicke Hose, coole Pose. Der Bass wummert, die Ansagen treffen lässig den Ton junger Generationen, »Shake Everything You Got« wird in die Neuzeit exportiert, die Jazzkantine mäandert nonchalant durch die Jahrzehnte. Jeder der Musiker setzt beizeiten, aber nicht egomanisch Akzente, schon weil es kein besseres Bühnenrezept bei mehr als drei Bandmitgliedern gibt. Das Schiff treibt auf unbekannte Küsten zu wie eine Arche. Es gibt aber und Gott sei Dank kein Fastfood in der Jazzkantine!
TERMINE
Biographie
»Es ist Jazz« – und das bereits seit über 25 Jahren. Ein Vierteljahrhundert. Die Jazzkantine ist mittlerweile ein deutscher Musik-Dinosaurier. Etwas faltig zwar, aber immer noch flink, flexibel und wandlungsfähig. Und am Leben. Gewachsen und gereift über eine lange Zeitspanne, die nur die Zähesten und Erfolgreichsten in der deutschen Musikszene durchhalten und überstehen: Die Toten Hosen, Herbert Grönemeyer, die Fantastischen Vier oder Fettes Brot beispielsweise. Mit all diesen Stars und Kollegen stand die Braunschweiger Band irgendwann, irgendwo einmal zusammen auf irgendeiner Festivalbühne. Gestählt durch unzählige Gigs in kleinen schmuddeligen Clubs, aber auch in piekfeinen Theatern und in riesigen Arenen. Die Jazzkantine hat bis dato um die 1.500 Konzerte gespielt, das Schönste und Schlimmste, Aufregendste und Außergewöhnlichste aus allen Musikwelten erlebt.
Jazz meets Rap made in Braunschweig
Einst inspiriert von Quincy Jones legendärem ›Back on the Block‹-Album, das eine Vielzahl prominenter Musiker verschiedener Musikrichtungen versammelte und fusionierte, hat die Jazzkantine bis heute ihren ganz eigenen musikalischen Weg gefunden – und originären Sound geschaffen. »Ich bin geprägt von meinem Vater, der ein großer Jazz-Fan war. Für mich stellte sich 1994 die Frage: Bekommt man so etwas auch mit deutschen Jazzern und Rappern hin? Und das hat gut funktioniert«, erinnert sich Christian Eitner, Bandleader, Bassist und Produzent, an die Anfänge der Jazzkantine. Die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt Geplant war eigentlich nur eine Compilation mit Gastmusikern und kleiner Band – doch plötzlich lagen Angebote von drei Majorlabels vor, die schnell fragten ob das auch auf Tour gehen kann. Es war die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Musikern. So nahm die musikalische Geschichte der Jazzkantine ihren Lauf. Das gleichnamige Debüt schaffte es bis auf Platz 62 der deutschen Charts, verkaufte über 100.000 Exemplare und gewann zudem einen German Jazz Award, später auch den Echo. Auch ohne Hitsingles, aber mit zwölf Alben und unermüdlicher Livepräsenz erspielte sich das vielfältige Langzeitprojekt vor allem in deutschsprachigen Ländern (unter anderem auch beim renommierten Montreux Jazz Festival) über die Jahre einen guten Namen. Die Jazzkantine hat einen elitären Sound selbstbewusst revitalisiert und leidenschaftlich umgesetzt: »Wir waren ein Teil derer, die den traditionellen Jazz entstaubt haben«, sagt Eitner. Mit 15 Musikern ging es damals im doppelstöckigen Nightliner auf die erste Tour. Eine musikalische ›Klassenfahrt‹ – natürlich mit allen exzessiven Begleiterscheinungen. »Wir waren und sind die Rock’n’Roll-lastigste Jazz-Band« meint Frontmann Cappu.
Die Lust an der kreativen Grenzüberschreitung
Die experimentierfreudige Jazzkantine kannte nie Berührungsängste, vielmehr ging es der bunt zusammengewürfelten Truppe immer um die Lust an der kreativen Grenzüberschreitung und stetige Neuerfindung. Verschiedene Köche bereiten hier Futter für die Seele zu – und das gerne mit neuen, leckeren Zutaten. Ob bei Theater- und Tanz-Produktionen oder bei der Aneignung und Umsetzung von anderen musikalischen Genres – die Menüs schmeckten stets überraschend anders. Keine Gourmet-Köche, aber coole Currywurst-Typen, deren Sound glücklich und satt macht. Musik, die jeder versteht und sofort in den Bauch geht. Natürlich brodeln bis heute cooler Jazz und jede Menge lässiger Rap, aber auch warmer Soul und grooviger Reggae im Soundtopf. Zudem hat das innovative Kollektiv mit Heavy Metal (das Album ›Hell’s Kitchen‹ erreichte im Jahr 2008 Platz 1 bei den iTunes-Jazz-Charts und Platz 1 der deutschen Media Control-Charts Jazz) experimentiert – und auf ihre Art und Weise souverän umgesetzt. Hochkarätige Gastmusiker – Rapper wie Ol Dirty Bastard vom Wu-Tang Clan und Smudo von den Fantastischen Vier oder Jazzer wie Till Brönner, Pee Wee Ellis, Nils Landgren, Gunter Hampel und Bill Evans – sorgten außerdem immer wieder für besondere Würze auf den Alben, 2014 auch in Fusion mit der NDR-Bigband.
Hinfallen, wieder aufstehen, weitermachen
Doch der lange Weg der Jazzkantine war auch immer wieder von Dellen und kreativen Löchern geprägt. Gründer und Gangleader Christian Eitner hat es jedoch geschafft, seine vielköpfige Charaktertruppe über all die Jahre im Kern zusammengehalten. Klar, es gab Unstimmigkeiten, Streits, Abgänge und leider auch zwei Todesfälle. Doch Aufgeben gilt es für die Band aus der Löwenstadt nicht. Hinfallen, wieder aufstehen, weitermachen. Immer weiter. Alle Erfahrungen, Erfolge und Schicksalsschläge haben die Jazzkantine bis heute geprägt, gestählt und ganz besonders gemacht. Stimmungsvoll, facettenreich und durchgehend gut am grooven. So kann es weitergehen. Gerne die nächsten 25 Jahre.